Die 21. herbstliche Kunstmesse in Sülz/Klettenberg steht ganz im Zeichen der „Faszination BAUM!“. „Was für ein wunderbares Thema“, findet Kölns Bürgermeister Dr. Ralph Elster, der die Eröffnung mit seinem Grußwort mitgestalten durfte. Noch bis zum 5. November lädt die Kunstmeile „kunst im carrée“ zum Flanieren und zum Betrachten der mehr als 65 Galeriefenster ein, in denen Werke zum künstlerischen Motto „Faszination Baum“ präsentiert werden.
Aber warum ist der Baum ein wunderbares Thema? „Weil der Baum, weil die Bäume oder auch der Wald in den vergangenen Jahren wieder deutlich mehr Raum im gesellschaftlichen Diskurs über den Umgang mit der Natur, über den Umgang mit – wie ich es als Christdemokrat empfinde – unserer Schöpfung oder wegen mir auch über den Umgang mit unserer Mitwelt bekommen hat“, findet der CDU-Kulturpolitiker Dr. Ralph Elster.
Für ihn gibt es vier wesentliche Pfeiler, auf denen der Erfolg von „kunst im carrée“ seit mehr als 20 Jahren fußt. Das ist erstens dieses wunderbare Format. Menschen in Sülz und Klettenberg können Kunst erleben, ohne eigens zu diesem Zwecke in ein Museum, in eine Galerie oder in ein Atelier gehen zu müssen. „Der Kunst begegnet man hier im Alltag, beim Bummel durch die Einkaufsstraßen, beim Termin in der Bank, beim Besuch der Apotheke oder bei einer Weinverkostung zur Vorbereitung der nächsten Geburtstagsparty“, so Dr. Ralph Elster.
Zweitens betonte er das großartige Engagement der Organisatorinnen und Organisatoren, die seit zwei Jahrzehnten dafür sorgen, dass Menschen im Quartier niederschwellig hochwertige Kunst und ein immer wieder unglaublich ambitioniertes kulturelles Begleitprogramm erleben und genießen können.
Der dritte wesentliche Grund ist selbstverständlich Brigitte Hellwig mit ihrem Team. „Sie stellen sicher, dass das Herbstevent eine echte kuratierte Kunstschau ist, bei der sich Künstlerinnen und Künstler bewerben müssen, bei der nur qualitativ hochwertige und spannende Arbeiten zum Zuge kommen, bei der ein Begleitprogramm die bildende Kunst auf wunderbare Weise anreichert und ergänzt mit Lyrik, Prosa, Orgel-, Chor- und Popmusik, um hier nur einige weitere kulturelle Leckerbissen zu nennen“, so Dr. Ralph Elster in seinem Grußwort.
Der vierte Eckpfeiler auf dem die Erfolgsgeschichte von „kunst im carrée“ beruht, sind klarerweise die Künstlerinnen und Künstler selbst, ohne die ja eine Kunstschau schlichtweg nicht denkbar wäre. „Dieser Aspekt hängt natürlich am vorgenannten Veranstaltungsteam um Frau Hellwig, aber Künstlerinnen und Künstler müssen selbstverständlich Vertrauen haben in ein Veranstaltungsformat, sie müssen wissen, dass man es ernst meint mit ihrer Kunst und dass man ihre Kunst nicht nur wertschätzt an den Ausstellungsorten, sondern dass sie dort auch beschützt ist und sicher für Zeitraum, in dem sie dort öffentlich präsentiert wird“, so der Kölner Bürgermeister weiter.
Birken auf Börsennachrichten
Nur dann, wenn alle vier vorgenannten Voraussetzungen erfüllt seien, könne eine Kunstschau wie „kunst im carrée“ überhaupt erfolgversprechend sein.
Gleichzeitig gratulierte Dr. Ralph Elster der Künstlerin Ulla Schüller, die für ihre Serie „Ressourcen“ prämiert wurde. Schüller zeigt eine Werkgruppe mit verschiedenen Variationen von „Birken auf Börsennachrichten“. „Die Künstlerin thematisiert damit den Zusammenhang von Wirtschaft und Wald, überlässt es aber den Betrachtern, was er oder sie in den Vordergrund rücken. Einige Betrachter blenden sogar den kaum wahrnehmbaren Untergrund Financial Times, FAZ oder Kölner Stadt-Anzeiger aus und sehen nur die – wie ich finde – wunderbar gemalten Birken und Birkenwälder“, so Dr. Ralph Elster.
In der Galerie 2023 findet man eine Preview auf die ausgestellte Kunst. Ein Gang durch das schmucke Veedel lohnt sich in jedem Fall. Die Kunst kann bis zum 5. November bestaunt werden. Am Sonntag, 29. Oktober, findet eine Midissage statt, am 4. November der traditionelle Finissage-Samstag. Alle Informationen zu „Faszination Baum“ finden sich unter:
https://www.kunstimcarree.de/
Bäume spielen eine große, spirituelle Rolle
In seiner Rede hat sich Bürgermeister Dr. Ralph Elster ebenfalls intensiv mit Thema Baum befasst. Im Folgenden finden sich seine Ausführungen dazu:
Dass Bäume und vor allem Wälder unsere Landschaft und unser Bild von der Natur ganz wesentlich prägen können, haben wir hier in West- und Mitteleuropa vor allem den klimatisch günstigen Bedingungen des Holozäns zu verdanken, denn mit dem Beginn dieser Warmzeit vor knapp 10.000 Jahren dehnen sich die Wälder in einer unglaublichen Geschwindigkeit aus und nehmen noch vor 2000 Jahren im östlich des Rheins gelegen Europa nahezu 90 % der Gesamtflächen ein. Tacitus, der bedeutende römische Geschichtsschreiber, hat es damals so formuliert: „Terra aut silvis horrida aut paludibus foeda“ – das Land ist entweder ein abscheulicher Wald oder ein hässlicher Sumpf.“ Zitat Ende
In einem Land, wo man den Baum sozusagen vor lauter Bäumen nicht sieht, spielen diese geheimnisvollen Riesen selbstredend auch eine große spirituelle Rolle. So ist die Weltesche in der nordischen Mythologie der Weltenbaum, der den gesamten damals bekannten oder vorstellbaren Kosmos verkörpert hat. Die Linde war den Germanen ein heiliger Baum und der Göttin Freya geweiht, die Eiche dem Donnergott Donar oder auch Thor.
Bäume haben also auch jenseits ihrer Relevanz als Rohstoff und Energiequelle große Bedeutung für die Menschen gehabt. Gerade auch weil letzteres im Zeitalter der Industrialisierung fast alle Mystik und allen Zauber des Waldes zerstört hätte und den Wald übrigens gleich mit, entstand dann im Zeitalter der Romantik – man muss sagen: gottseidank! – eine unglaublich starke Gegenbewegung und die althergebrachten Konzepte von Baum und Wald wurden zumindest teilweise wiederbelebt und deren Projektionen und Implikationen dauern bis heute an.
Der Wald als Mega-Organismus
Ganz aktuell gibt es ja sogar Tendenzen, den Wald als Mega-Organismus zu begreifen, der über seine einzelne Bestandteile hinaus, als organisierte Lebensform zu begreifen ist. Wahrscheinlich kennen viele von Ihnen Peter Wohlleben und seine mittlerweile sogar verfilmten Veröffentlichungen vom „geheimen Leben der Bäume“. Eine hochspannende Sicht auf den Wald und dessen prägnantesten Repräsentanten, den Baum.
Auch ohne die Natur zu vermenschlichen, sagt Hermann Hesse, in einem meiner Lieblingsgedichte: „Kein Baum gleicht dem anderen“. Und er hat selbstverständlich recht, auch wenn er dies in einem anderen Kontext feststellt. Peter Wohlleben und andere machen aufmerksam darauf, dass der Baum ein Lebewesen ist und wie alle anderen Lebewesen eben auch einzigartig. Er macht aufmerksam darauf, dass diese Lebewesen uns Menschen Demut abverlangen. Die ältesten bekannten noch lebenden Bäume stammen aus der eingangs erwähnten Jungsteinzeit und sind mehr als 8000 Jahre alt, was ja ein unglaublicher Zeitraum für ein Lebewesen ist. Was für eine unglaubliche Projektionsfläche, die mit solchen Bäumen verbunden werden kann.
Selbst hier in der unmittelbaren Nachbarschaft von Köln gibt es einen Baum, dem nachgesagt wird, älter als 1000 Jahre zu sein. Vielleicht kennen Sie ihn, den Maulbeerbaum hinter der Abtei in Brauweiler. Der Legende nach hatte unter diesem Maulbeerbaum Mathilde, eine Tochter Kaiser Ottos II. und unserer bedeutenden Kaiserin Theophanu, während eines kurzen Mittagsschlafes den Traum, dass dort eine Abtei und eine Kirche zu errichten sei. Was auch immer an der Legende wahr sein mag, der Baum ist wissenschaftlich und historisch belegt uralt und verbindet die Jetztzeit mit zahlreichen vergangen Jahrhunderten und uns mit den Menschen, die schon im Mittelalter von seinen Früchten gekostet haben, während wir die Marmelade seiner Beeren auch heute noch genießen können.
Bäume sind noch längst nicht vollständig erforschte Lebewesen, auch wenn ganz aktuell im vergangenen Monat eine Schar von mehr als 30 Wissenschaftlern sich gegen die o.g. Thesen von Peter Wohlleben stellt in einer Veröffentlichung in Trends in Plant Science.
Den Bäumen mehr Recht auf Leben in unserer Stadt eingeräumt
Wie auch immer, wir haben als Stadtrat vor kurzem die Baumschutzsatzung in Köln verbessert, übrigens im Sinne von Peter Wohlleben, weil wir damit unseren Bäumen sozusagen ein wenig mehr Recht auf Leben in unserer Stadt eingeräumt haben.
Es wäre schön, wenn – wie der Zeit-online-Redakteur Hanno Rauterberg schreibt – nach all der wichtigen und richtigen Debatte um Tierwohl, in den kommenden Jahren auch eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Pflanzenwohl beginnt, sodass wir zunächst einmal begreifen, dass auch Pflanzen – und zumal tausendjährige Bäume – schützenswerte Lebewesen sind, die es zu achten und zu respektieren gilt.
Ihre Ausstellung Kunst im Carree wird in der diesjährigen Herbstschau in jedem Fall einen Beitrag zu dieser Debatte leisten, weil die Menschen hier im Quartier sich mit dem Baum, mit Bäumen auseinandersetzen werden. Nicht nur dafür gebührt Ihnen Dank. Es ist schon wunderbar, dass die IG Sülz-Klettenberg gemeinsam mit der Kuratorin Brigitte Hellwig und ihrem Team diesen wunderschönen Flecken unserer Stadt über einen Zeitraum von zwei Wochen hinweg so kunstvoll zu inszenieren weiß. Auch dafür und für das diesjährige Thema ein ganz herzliches Dankeschön.
Allen Besucherinnen und Besuchern wünsche ich nun am heutigen verkaufsoffenen Sonntag ganz viel Vergnügen bei der Ausstellungseröffnung. Genießen Sie den heutigen Tag mit dem Eröffnungsprogramm und lassen Sie sich durch die 2023er Herbstschau „Kunst im Carree“ in den nächsten zwei Wochen von den zur Schau gestellten Objekten immer mal wieder dazu anregen, über den Baum – das Lebewesen oder auch den Mythos – nachzudenken.
Ich wünsche Ihnen ganz viel Spaß dabei.
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