Endlich wieder Karneval feiern können, endlich wieder gemeinsam singen, schunkeln, lachen. Es ist unfassbar schön, wie die Menschen in den Sälen unser närrisches Brauchtum zelebriert haben. Tolle Bands, starke Redner, fantastische Tanzdarbietungen ließen die Bühnen erbeben, sei es im ehrwürdigen Gürzenich, im Maritim, im Pullman oder Sartory, sei es in einem der anderen vielen kleinen und großen Säle überall in der Stadt. Die Leute haben einfach wieder Lust gehabt, gemeinsam Spaß zu haben. Die Karnevalisten in den Traditionskorps und in den unzähligen Gesellschaften unserer Stadt strahlten in der Session 2022/2023 kölsche Lebensfreude aus und steckten die Stadt damit im positiven Sinne an – auch und vor allem während des Höhepunkts der Session, dem historischen Rosenmontagszug.
Unser Dreigestirn – drei Fründe för 86 Veedel
Der Mensch ist halt ein soziales Wesen und braucht den Kontakt, den persönlichen Austausch und die gemeinsame Feier wie die Luft zum Atmen. Ich freue mich sehr, dass der Karneval nach zwei Jahren erzwungener Corona-Pause wieder so richtig durchgestartet ist. Dieser närrischen Rakete hat ein charmantes Dreigestirn den nötigen Schub verliehen. Prinz Boris I. (Müller), Bauer Marco (Schneefeld) und Jungfrau Agrippina (André Fahnenbruck) machten ihrem Leitspruch „Mir drei freuen uns op üch. Mir sin drei Fründe för 86 Veedel“ alle Ehre. Auf ihrer jecken Reise durch die Session haben sie unfassbar vill Freud in alle Winkel unserer Stadt gebracht.
Meine ganz persönliche Reise hat mit dem feierlichen Abendessen des Großen Senats des Kölner Karnevals im Hansasaal des Historischen Rathauses begonnen. Später durfte ich dann Gastgeber einer ganz besonderen Ordenspräsentationen in meinen Büroräumen sein. Nach dem Dom, dem Hahnentor, den Kölner Brunnen, dem Zoo oder der Kölner Skyline mit Colonius und Ehrenfelder Zentralmoschee war es in diesem Jahr wieder einmal das Kölner Rathaus selbst, und zwar der historische Teil von Ratsturm bis Renaissance-Laube, den die Kölsche Rotshäre in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken. Ein wirklich toller Orden.
Die emotionale Reise des Dreigestirns beginnt
Morgens kündigt ein Blumengruß des designierten Dreigestirns endlich, nach langer, langer Wartezeit die Prinzenproklamation an – eine fantastische Veranstaltung vor begeistertem Publikum in der guten Stube Kölns, im Gürzenich. „Der erste Abend von Prinz, Bauer und Jungfrau im Ornat: Ein einziges Fest“, schreibt eine Boulevard-Zeitung und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Die emotionale Reise des aktuellen Dreigestirns beginnt an diesem Tag ganz offiziell. Doch zuvor wird auch das Pandemie-Dreigestirn der Altstädter gewürdigt. Prinz Sven I. (Oleff) Bauer Gereon (Glasemacher) und Jungfrau Gerdemie (Dr. Björn Braun) werden mit minutenlangem Applaus bedacht, weil es zwei Jahre das Ornat tragen durfte, aber nicht einen Rosenmontagszug erleben konnte.
Korpsappelle wurden zelebriert
Zelebriert wurden auch die Korpsappelle der verschiedenen Gesellschaften. Ich habe mich sehr gefreut, beim Regimentsexerzieren der Roten Funken zum Hauptmann der Reserve und beim Apell der Ehrengarde zum Leutnant der Reserve befördert worden zu sein. Aber was ist das eigentlich? Insbesondere die Traditionskorps pflegen diese vereinsinternen Veranstaltungen vor Beginn der eigentlichen Session und den dann so zahlreich stattfindenden „öffentlichen“ Karnevalssitzungen. Im Rahmen der Appelle werden die Mitglieder humorvoll auf ihre Sessionstauglichkeit geprüft. Zudem werden neue Mitglieder aufgenommen, Rekruten vereidigt, Mitglieder befördert oder Ehrenmitgliedschaften verliehen.
Was war in dieser Session besonders für mich?
Und was hat mich in dieser Session besonders beeindruckt? Zum Beispiel die Karnevalssitzung im Klösterchen. Das Event wird per Fernsehübertragung in die Krankenzimmer übertragen, sodass auch die bettlägerigen Patienten teilhaben können an dem närrischen Geschehen. Das Dreigestirn war da, die Roten Funken sind in ihrem Heimatveedel aufmarschiert. Hochkarätige Künstler traten ohne Gage auf, um den Menschen, denen es aktuell vielleicht nicht so gut geht, etwas Freude zu bereiten. Auch da zeigt sich wieder, wie wichtig der Karneval ist, weil man zusammenhält, gemeinsam feiert und lacht – und das ist ja bekanntlich gesund. Und der Abschluss des wunderbaren Tages mit lieben Menschen gemeinsam beim Südstadt-Italiener war auch speziell gut.
Auch wieder besonders in diesem Jahr: Cäcilia Wolkenburg mit FASTELOVEND ZESAMME! – einem wunderbaren Divertissementchen von Lajos Wenzel zur Begründung des Kölner Karnevals vor 200 Jahren. Und die Flüstersitzung der Große Kölner in der Flora unter der Leitung von Joachim Wüst war ebenfalls ein besonderes Erlebnis.
Die traditionellen Termine in der Session 2023 – einfach wieder außergewöhnlich gut!
Immer am Donnerstag vor Weiberfastnacht steppt der Bär auf der Rocholomäus-Sitzung in den Sartory-Sälen. In diesem Jahr gab es vorher noch eine Ratssitzung und bei Rocholomäus einen neuen Sitzungspräsidenten. Wie immer eine unglaublich gute Sitzung und ein Riesenkompliment an den „Neuen“: Ganz große Klasse, lieber Benedikt Conin, eine reife Leistung. Wir freuen uns auf viele weitere Jahre!
Dienstag vor Weiberfastnacht. Morgens gibt es das Richtfest für den Rosenmontagszug. In diesem Jahr großes Kino in unseren wunderbaren Messehallen. Abends dann die FC-Sitzung. Drei Tage lang FC! Sonntag der grandiose Heimsieg gegen Frankfurt im Müngersdorfer Stadion. Montag der Empfang zum 75. Vereinsjubiläum im Rathaus und dann Karneval im Maritim. Einfach Champions League.
Am Mittwochmittag vor Weiberfastnacht laden die Freunde des Kölschen Brauchtums ein zur Vorstellung der Schull- un Veedelzöch der Session. Ein bewegender Moment, weil der langjährige Zugleiter den Staffelstab an diesem Tag weitergibt. In seiner Abschiedsrede stellt Willi Stoffel noch einmal heraus, dass die Schull- und Veedelszöch keine Generalprobe des Rosenmontagszuges sind, sondern in den mittlerweile 90 Jahren ihrer Existenz eine ganz eigene Veranstaltung mit einer ganz eigenen Tradition sind. Am Mittwochabend dann, kurz vor der Eröffnung des Straßenkarnevals, feiern die Roten Funken „non stop“ auf ihrer gleichnamigen Sitzung im Maritim; ohne Pause Spaß – Spaß ohne Ende…
Der Straßenkarneval beginnt
Am Donnerstagmorgen um 11.11 Uhr gibt’s dann traditionell die offizielle Eröffnung des Straßenkarnevals, beginnend mit dem Weiberfastnachtsempfang für das Dreigestirn im Hansasaal. Es gibt an diesem Tag aber nicht nur tollen Kneipenkarneval, sondern verstreut überall in der jecken Stadt auch zahllose traditionelle Partys, wie z.B. die Weiberfastnachtsparty der CDU im Atrium oder die Party der SPD im Muschelsaal. Andere bekannte Treffpunkte für jeckes Treiben sind die großartigen Partys der Kölnischen Rundschau in der Stolkgasse, des Kölner Stadt-Anzeigers an der Amsterdamer Straße oder von Radio Köln im Tanzbrunnen – in diesem Jahr alles bei Superwetter und mit Superstimmung.
Abends feiern dann auch die großen Traditionskorps ihre traditionellen Weiberfastnachtsfeten. Wir waren dieses Jahr beim unbeschreiblichen „Fest in Blau“ der Blauen Funken im Gürzenich dabei, eine tolle Stimmung nach den Jahren der Pause auf allen Etagen in der besten Festhalle Kölns.
Freitagmittag findet traditionell das Festmahl am Hofe des Dreigestirns statt. Neben den allgemeinen Ehrungen und Danksagungen gab es einige bewegende Augenblicke als der Präsident des Festkomitees Christoph Kuckelkorn eine Laudatio auf Bernhard Conin und dessen Lebensleistung für KölnKongress, aber damit eben auch für den Kölner Karneval hält.
Am Karnevalssonntag, die Schull- und Veedelszöch
Nach einem Tag dringend erforderlicher „Familienpause“ geht es dann am Karnevalssonntag bei leichtem Nieselregen und Wind auf die Rathaustribüne, um die Schull- un Veedelzöch genießen zu können. Welch ein Erlebnis auch wieder in diesem Jahr. Für mich gab es am Sonntag noch etwas ganz besonders, nämlich dass ich teilnehmen durfte in der Jury der Freunde des Kölschen Brauchtums zur Auswahl der besten Veedelsgruppen in den beiden Kategorie Originalität von Motto und Auftritt sowie dem Kostümpreis. Die Gruppe „Stammdesch Kölsche Sonnekinder“ gewann in beiden Jury-Kategorien und durfte mit ihrer Analyse des Kölschen Stammbaums auch am Rosenmontag mit dabei sein. Die Gruppe mit der zweithöchsten Wertung beim Kostümpreis war die „Katholische Jugend rund um den Chlodwigplatz“, die das Gesellschaftsspiel Monopoly wunderbar auf Köln und seine Veedel übertragen hat und die wunderbaren Kostüme ebenfalls am Rosenmontag präsentieren konnte.
Den dritten Preis, den sogenannten „Goldenen Lappenclown“ verlieh das Festkomitee direkt und zwar an den „Stammdesch Kölsche Klüngel“ aus der Südstadt mit dem herrlich in Kostüme umgesetzten Motto „Jede Tünnes koch in Kölle sing eijene Zupp“.
Großen Dank an die weit mehr als 6000 Teilnehmenden, an alle Schulen und alle Veedelsvereine und Organisationen, die diesen Zug einfach wieder unbeschreiblich schön und mit Liebe ausgestaltet haben. Dieser besondere Umzug hat einfach ganz großen Spaß gemacht.
Den drei dekorierten Gruppen, die beim Rosenmontagszug dabei sein durften, noch einmal ganz herzliche Gratulation.
Der Rosenmontag
Und dann der Höhepunkt des Straßenkarnevals, der Rosenmontag. Über 80 Gruppen, weit über vier Stunden Frohsinn gespickt mit wunderbaren Festwagen, mit Musik- und Tanzkorps, mit Fuß- und Reitergruppen. Auch hier der Start in Deutz und die Herausforderung für alle, einen neuen, unbekannten Zugweg zu meistern. Nach den zwei Jahren Zwangspause gab es Gottseidank akzeptables Wetter mit Wolken, Sonnenschein und ein paar Böen, aber nicht vergleichbar mit dem Dauerregen in 2019. Gute Stimmung überall, keine größeren Zwischenfälle. Was will man mehr. So viele Menschen aus Köln, aber auch von außerhalb zu Besuch auf unseren Straßen in unserer Stadt und alle gehen anschließend gut gelaunt wieder nach Hause und freuen sich auf das nächste Jahr.
Nubbel und Veedelszöch mussten dieses Jahr bei mir leider aus privaten Gründen ausfallen. Wenn man ein kleines Resümee ziehen mag, dann kann ich aus meiner Sicht sagen, dass die Session schon speziell gut war, insbesondere auch, weil unser Dreigestirn Großartiges geleistet hat, von der Proklamation am 6. Januar bis hin zum Rosenmontag war das ein perfekter Auftritt, mit mehreren hundert professionellen Darbietungen, die über die Wochen hinweg auch immer wieder weiterentwickelt und variiert worden sind. Köln kann stolz sein auf diese drei Karnevalshelden. Chapeau und Alaaf!
Auch bemerkenswert ist, dass der Straßenkarneval friedlich gefeiert wurde, ohne große Vorkommnisse wie am Elften im Elften. Offenbar haben die Maßnahmen des Ordnungsamtes und der Polizei geholfen, die Situation im Griff zu behalten und die Feierlust in geordnete Bahnen zu lenken.
Das Motto für 2024 lautet in Anlehnung an die erhoffte Wiedereröffnung der Bühnen am Offenbachplatz: „Wat e Theater. Wat e Jeckespill.“ Freuen wir uns darauf, was uns das nächste Jahr an jeckem Spill bringt.
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