Auf die vielen aktuellen Herausforderungen für Apotheker, besonders auf das Apothekensterben, ging der Kölner Bürgermeister Ralph Elster auf dem diesjährigen Frühjahrsempfang des Apothekerverbandes Köln in der Wolkenburg in seiner Rede ein. „Es ist kein schleichender Prozess mehr, denn im vergangenen Jahr haben in Deutschland so viele Apotheken wie noch nie schließen müssen“, stellte er fest.

Aber er betonte auch, dass „Apotheken genau wie Arztpraxen zu einer gut funktionierenden Veedelsstruktur (Veedel = Stadtviertel) gehören. Sie sind ein wesentlicher und unersetzbarer Baustein in unserem Gesundheitssystem.“

Umso erschreckender ist, dass es im letzten Jahr laut Bundesvereinigung den „größten jährlichen Verlust an Apotheken in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ gab, fast 500 haben innerhalb dieses Jahres geschlossen.

„Apothekerinnen und Apotheker stellen zu jeder Tages- und Nachtzeit eine lückenlose und schnelle Versorgung unserer Bevölkerung mit Arzneimitteln und Gesundheitspräparaten sicher“, betont Elster die enorme Wichtigkeit dieses Jobs.

„Wenn aber die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen in den Veedeln offenbar keinen wirtschaftlichen Betrieb mehr zulassen, bedarf es dringend der von Berlin schon lange angekündigten Apothekenreform.“ Außerdem sei es die Aufgabe von Standesvertretungen, wie dem Apothekerverband Köln, förderliche Rahmenbedingungen herauszuarbeiten und Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.

Eine weitere Herausforderung ist der demografische Wandel der Gesellschaft. Während die älter werdende Bevölkerung mehr Beratung und Gesundheitsleistungen benötige, werden einige Apothekerinnen und Apothekern in den kommenden Jahren altersbedingt in Rente gehen.

Auch auf Lieferengpässe ging der Kölner Bürgermeister ein. „Blutdrucksenker, Asthma-Sprays und viele andere Medizinprodukte gibt es zwar im europäischen Ausland zu kaufen, sind aber im deutschen Markt oft nur mit Sonderaufwand und Mühe zu besorgen“, so Elster in seiner Rede.

Das Apothekensterben wird laut ihm durch eben diese Herausforderungen „und eine munter voranschreitende Bürokratie“ bedingt.

Trotz allem setzt der Apothekerverband sich weiter für eine gute, unersetzbare Versorgung der Kölner Bevölkerung mit Medikamenten und ähnlichem ein. „Ich wünsche Ihnen allen für das kommende Jahr wieder die nötige Kraft und Stärke zum Erreichen Ihrer beruflichen Ziele und zum Meistern der zahlreichen anstehenden Herausforderungen“, beendete Ralph Elster seine Rede.

Die Rede im Wortlaut

Lieber Herr Preis (Vorsitzender),
liebe Mitglieder des Apothekerverbandes Köln,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter aus dem Gesundheitssektor, aus der Wirtschaft, der Politik und der Stadtgesellschaft,
meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste.

Im Namen der Stadt Köln und unserer Oberbürgermeisterin Henriette Reker darf ich Sie ganz herzlich hier in der Wolkenburg zum Frühjahresempfang des Apothekerverbandes Köln begrüßen.
Ich freue mich sehr, heute Abend wieder dabei sein zu dürfen, denn dieser Frühjahresempfang ist für unsere Stadt schon lange zu einer sehr liebgewonnenen Tradition geworden. 

Standesvertretungen Ihres Berufsstandes gibt es ja schon seit den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts. Ihr Apothekerverband Köln kann auf die Neugründung in den Nachkriegsjahren zurückgeführt werden. Die Verbände wurden seinerzeit als Wirtschaftsvertretungen Ihres Standes auch mit dem Ziel gegründet, die Arzneimittelversorgung nach den Kriegswirren allmählich wieder zu stabilisieren. In der nordrheinischen Rheinprovinz – unser geliebtes Rheinland wurde ja bekanntlich aufgeteilt zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen – also im Bereich Nordrhein wurden schon bis zum Jahre 1949 acht Bezirksvereine gegründet, u.a. eben auch Ihr Bezirksverband Köln, der mit knapp einem Drittel der Mitglieder auch der mitgliederstärkste Bezirksverband ist. 

Viele Herausforderungen

Die Zeiten der Gründung Ihres Verbandes waren verständlicherweise geprägt von Mangelverwaltung und zahlreichen politischen, aber auch wirtschaftlichen Unwägbarkeiten. Schaut man nun auf die heutige verbandpolitische Agenda sind viele Herausforderungen, denen sich die Apotheken stellen müssen, Dauerthemen, die schon lange auf gesundheitspolitische Lösungen warten: Zum Beispiel herrscht noch immer ein enormer Kostendruck. Seit 2013 sind nämlich die Vergütungen von Apothekerinnen und Apothekern nicht angepasst worden, obwohl im selben Zeitraum der Verbraucherpreisindex um fast 40 Prozent und die betriebsbedingten Kosten in Apotheken sogar um 60 Prozent gestiegen sind. 

Der demografische Wandel der Gesellschaft kommt gleich mehrfach zum Tragen: Die älter werdende Bevölkerung benötigt mehr Beratung und Gesundheitsleistungen, eine große Anzahl von Apothekerinnen und Apothekern wird in den kommenden Jahren altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden, wobei sich der immer stärker zunehmende Fachkräftemangel aber nicht nur auf Absolventen des Pharmaziestudiums bezieht, sondern auch auf gut geschultes  Pharmazeutisch-Technisches Personal, das in anderen Bereichen der Wirtschaft als vielfach gesuchtes Fachpersonal oft bessere Verdienstmöglichkeiten hat.

Lieferengpässe bei wichtigen Medikamenten sorgen schon lange für zeitraubendes Mikromanagement bei Apothekerinnen und Apothekern, Blutdrucksenker, Asthma-Sprays und viele andere Medizinprodukte gibt es zwar im europäischen Ausland zu kaufen, sind aber im deutschen Markt oft nur mit Sonderaufwand und Mühe zu besorgen. 

Immer mehr Apotheken schließen

Letztlich werden vor allem die vorgenannten Themen und eine munter voranschreitende Bürokratie in Ihrer Branche verantwortlich dafür gemacht, dass immer mehr Apotheken schließen. Apotheken verschwinden dabei auch zusehends aus den Quartieren, es ist kein schleichender Prozess mehr, denn im vergangenen Jahr haben in Deutschland so viele Apotheken wie noch nie schließen müssen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände (ABDA) zählt zum Ende des vergangenen Jahres bundesweit nur noch 17.571 Apotheken. Das sind fast 500 weniger als ein Jahr zuvor, und die Bundesvereinigung konstatiert sogar den „größten jährlichen Verlust an Apotheken in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“.

Aus kommunalpolitischer Sicht ist meines Erachtens dabei besonders besorgniserregend, dass die Zahl der kleinen Apotheken erstmals unter die Marke von 10.000 fällt. Denn das sind die Apotheken vor Ort, die da verloren gehen, wobei eigentlich einer jeder oder einem jedem klar sein muss, dass Apotheken genau wie Arztpraxen zu einer gut funktionierenden Veedelsstruktur gehören. Sie sind ein wesentlicher und unersetzbarer Baustein in unserem Gesundheitssystem und haben sich zu wichtigen Ankergeschäften vor allem in peripheren Wohn- und Einkaufslagen entwickelt. Das persönliche Beratungsgespräch in Apotheken ist den Menschen nun einmal außerordentlich wichtig. 

Apothekenreform dringend nötig

Wenn aber die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen in den Veedeln offenbar keinen wirtschaftlichen Betrieb mehr zulassen, bedarf es dringend der von Berlin schon lange angekündigten Apothekenreform. Ob das Gesetz allerdings in der derzeit diskutierten Fassung, die ja in weiten Zügen schon bekannt ist, die oben beschriebenen Probleme beseitigen kann, wird in den Kreisen des Gesundheitssektors bezweifelt. Ideen wie etwa „Apotheken ohne Apotheker“ werden zumindest von Fachkreisen abgelehnt.

Welche Beschlüsse am Ende auch immer gefasst werden, eine weiterhin steigende Schließungswelle von Apotheken ist jedenfalls nicht hinnehmbar, weil die schon heute täglich rund drei Millionen Kunden- und Patientenkontakte ja deutlich machen, wie groß der Bedarf unserer Bevölkerung an den Versorgungsleistungen von Apotheken ist und in welchem Maße dabei zur Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger beigetragen wird. 

Der Erhalt von Apotheken vor Ort wird allerdings nur dann gelingen, wenn diese auch langfristig wirtschaftlich betrieben werden können, wenn die Rahmenbedingungen so gewählt sind, dass eine Investition in eine Apotheke unternehmerisch auch eine sinnvolle Entscheidung ist. 

Diese förderlichen Rahmenbedingungen herauszuarbeiten und Fehlentwicklungen entgegenzuwirken ist die Aufgabe von Standesvertretungen, wie Ihrem Apothekerverband Köln, der als Regionalverband des Apothekerverbandes Nordrhein die Interessen von rund 500 Apotheken in den Städten Köln und Leverkusen, im Rheinisch-Bergischen Kreis, im Rhein-Erft-Kreis und im Oberbergischen Kreis vertritt. Der Apothekerverband Köln nimmt dabei die wirtschaftlichen, beruflichen, fachlichen, politischen und gesellschaftlichen Interessen der Apothekerinnen und Apotheker wahr und fungiert als zentraler Ansprechpartner für Politik und Öffentlichkeit im und außerhalb des Gesundheitswesens und gewährt somit eine Unterstützungsleistung, die bei den oben genannten aktuellen Rahmenbedingungen doch mehr als notwendig erscheint.

Apotheken sind und bleiben wichtiger Baustein

Meine Damen und Herren, Apothekerinnen und Apotheker stellen zu jeder Tages- und Nachtzeit eine lückenlose und schnelle Versorgung unserer Bevölkerung mit Arzneimitteln und Gesundheitspräparaten sicher. Die Apotheken sind und bleiben ein wichtiger und unersetzbarer Baustein in unserem Gesundheitssystem. Apotheken sorgen für eine qualifizierte Beratung und gewährleisten die wohnortnahe Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln und – nicht zu vergessen – die gute Versorgung von immer mehr älteren Menschen. Auf die Qualität einer Apotheke vor Ort können sich die Menschen verlassen. Das muss auch für die Zukunft gelten, zumindest ist das unser Verständnis einer optimalen Gesundheitsversorgung für die Menschen in Köln und in der Region.

Unser Gesundheitswesen ist dabei notwendigerweise im stetigen Wandel. Immer wieder kommen neue Anforderungen auf das System zu, die fortschreitende Digitalisierung sei da nur als ein Beispiel erwähnt. Sie alle sind als Apothekerinnen und Apotheker immer mittendrin in der Transformation, als Unternehmerinnen und Unternehmer in einem Markt, der kaum stärker reguliert sein könnte. Da ist es wahrlich gut, dass Ihr Apothekerverband Köln seit seiner Gründung vor bald 70 Jahren sachlich fundiert und mit großer Kontinuität die Interessen seiner Mitglieder vertritt. Und von einer besonderen Kontinuität kann man auch deshalb sprechen, weil es in all diesen Jahren erst vier Vorsitzende gegeben hat. Das spricht für eine gute Arbeit der gewählten Vorstände und für eine hohe Akzeptanz von deren Tun.

Herzlichen Dank an Herrn Preis und sein Vorstandsteam für das besondere Engagement im Sinne unserer Apotheken und damit auch im Sinne der Gesundheitsversorgung der Menschen in unserer Region. 

Ich wünsche Ihnen allen für das kommende Jahr wieder die nötige Kraft und Stärke zum Erreichen Ihrer beruflichen Ziele und zum Meistern der zahlreichen anstehenden Herausforderungen. Für heute wünsche ich Ihnen noch viele gute Gespräche und eine gute Zeit bei Ihrem Frühjahresempfang hier in der Wolkenburg.