Auf dem Frühjahrsempfang des Apothekerverbandes Köln in der Wolkenburg versammelten sich hochkarätige Gäste aus dem Gesundheitswesen. In seinem Grußwort betonte der Bürgermeister der Stadt Köln, Dr. Ralph Elster, die Schlüsselstellung und große Bedeutung der Apotheken vor Ort in jedem Stadtviertel (in Köln „Veedel“ genannt) als unverzichtbare persönliche Anlaufstelle für die Menschen in der Arzneimittelversorgung und persönlichen Gesundheitsberatung. Im Zuge dessen mahnte er dringenden politischen Handlungsbedarf bei der Apothekenstärkung an.
Unverzichtbarer Baustein in der Gesundheitsversorgung
„Mehr Extraarbeit, mehr Bürokratie, immer neue kurzfristige Regeln und Maßnahmen – was Sie während der Corona-Pandemie geleistet haben, lässt sich für Außenstehende nur erahnen. Ohne Sie wären viele ganz zentrale Maßnahmen, wie zum Beispiel die Ausstellung von digitalisierten Impfzertifikaten und die Bereitstellung der Corona-Impfstoffe, gar nicht umsetzbar gewesen“, sagte Dr. Ralph Elster, Bürgermeister von Köln, und richtete damit einen ausdrücklichen Dank an die Apothekerinnen und Apotheker. Vor diesem Hintergrund betonte er: „Apotheken gehören in jedes Veedel, als unverzichtbarer Baustein in der Gesundheitsversorgung.“ Apotheker würden die Menschen persönlich kennen und qualitativ hochwertig beraten. Das sei etwas, was der Online-Handel gar nicht leisten könne.
Elster ordnete die aktuelle Situation der Apotheken vor Ort angesichts des dramatischen Fachkräftemangels und der tagtäglichen Schwierigkeiten bei der Bewältigung eklatanter Lieferengpässe bei Arzneimitteln als stark verbesserungswürdig ein. Diese gravierenden Probleme führten sogar dazu, dass manchen Apotheken der Regelbetrieb schwerer falle und es schwierig sei, Mindestöffnungszeiten aufrechtzuerhalten, so Elster. Daher mahnte er dringenden politischen Handlungsbedarf an: „Ich hoffe sehr, dass die Gesundheitspolitik rasche Verbesserungen bei den Apotheken in die Wege leitet!“
Die qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung durch Apotheken aufrechterhalten
Thomas Preis, Vorsitzender der Apothekerverbände Köln und Nordrhein, forderte die Bundesregierung in seinem gesundheitspolitischen Statement erneut zum Handeln auf. Dabei verwies er auch auf die aktuelle Beschlussempfehlung der Gesundheitsexpertinnen und -experten aus den Bundesländern im Gesundheitsausschuss des Bundesrates anlässlich der ersten Beratung des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (ALBVVG) im Bundesrat am 12. Mai. Darin, so Preis, würden zentrale Forderungen der Apothekerschaft aufgenommen mit dem Ziel, die qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung durch Apotheken aufrechtzuerhalten. Unter anderem rufe der Bundesrat die Bundesregierung dazu auf, die Vergütung der Apotheken vor dem Hintergrund gestiegener Kosten und der gestiegenen Inflation anzupassen. Zudem werde auch dazu geraten, bürokratische Verfahren, wie etwa die sogenannte Präqualifizierung bei Hilfsmitteln, abzuschaffen. Ebenso sollen Nullretaxationen, bei denen die Krankenkassen den Apotheken die Vergütung streichen, zukünftig nicht mehr machbar sein dürfen.
„Wir können der Bundesregierung nur dringend raten, dass diese Empfehlungen von denjenigen, die vor Ort offensichtlich näher dran sind an den Versorgungsproblemen der Menschen, in die Gesetzgebung einfließen“, so der Appell von Preis.
Text: Apothekerverband Nordrhein
Foto: Thomas Preis (l.), Vorsitzender Apothekerverband Köln und Nordrhein e.V. und Dr. Ralph Elster, Bürgermeister der Stadt Köln, beim Frühjahrsempfang des Apothekerverbandes Köln. Copyright: Apothekerverband Nordrhein
Die Rede im Wortlaut
Sehr geehrter Herr Preis (Vorsitzender),
liebe Mitglieder des Vorstands des Apothekerverbandes,
liebe Vertreterinnen und Vertreter aus der Gesundheitswirtschaft, aus Politik und Stadtgesellschaft,
meine sehr verehrten Damen und Herren.
Zunächst einmal freue ich mich sehr, Sie heute hier in der Wolkenburg im Namen der Stadt Köln und unserer Oberbürgermeisterin Henriette Reker zum Frühjahresempfang des Apothekerverbandes Köln begrüßen zu dürfen.
Wie andere Berufsgruppen im Gesundheitssektor auch, waren Sie als Apothekerinnen und Apotheker von der Pandemie selbstredend besonders betroffen. Zu den persönlichen Einschränkungen kamen bei Ihnen ganz außergewöhnliche berufliche Belastungen hinzu. Ein hohes Maß an Verantwortung für die Versorgung der Bevölkerung, viel Extraarbeit und vor allem auch mehr Bürokratie wurde Ihnen in den letzten drei Jahren auferlegt. Besuchskonzepte mit Virusschutz- und Abstandsregeln für Ihre Ladenlokale, die Digitalisierung von Impf- und Infektionszertifikaten, Corona-Tests und sogar -Impfungen vor Ort, immer neue und vor allem kurzfristige Regelungen, Lieferengpässe bei wichtigen Medikamenten und vieles andere mehr ist da zusammengekommen und es lässt sich für Außenstehende nur erahnen, was Sie, meine Damen und Herren, in dieser Zeit tatsächlich geleistet haben.
Ihre volkswirtschaftliche Leistung bei der Versorgung unserer Bevölkerung ist wirklich beachtenswert
Ohne unsere öffentlichen Apotheken vor Ort wären die von der Politik und der Gesundheitsverwaltung vorgegebenen Maßnahmen gegen die Pandemie letztlich nicht umsetzbar gewesen und ich kann mir vorstellen, wie sehr auch die Mitglieder des Apothekerverbandes Köln in die Bekämpfung der Pandemie eingebunden waren.
Aber auch jenseits dieser Pandemie und ihrer besonderen Herausforderungen ist Ihre volkswirtschaftliche Leistung bei der Versorgung unserer Bevölkerung wirklich beachtenswert. Immerhin fast 18.500 Apotheken versorgen die Menschen in Deutschland mit Fertigarzneimitteln und haben dabei rund 1 Mrd. Patientenkontakte im Jahr. Das heißt, Tag für Tag werden in Ihren Häusern rund 3 Mio. Patientinnen und Patienten mit Medikamenten oder anderen Gesundheitsleistungen versorgt. Das sind wirklich beeindruckende Zahlen, die noch ergänzt werden um Gemeinwohlpflichten etwa im Rahmen von weit mehr als 400.000 Nacht- und Notdiensten, mit denen Sie die Arzneimittelversorgung unserer Bevölkerung eben auch außerhalb der regulären Geschäftszeiten sicherstellen.
Dass bei all den vorgenannten Herausforderungen in einem sehr regulierten Markt die nachvollziehbaren wirtschaftlichen, beruflichen und gesellschaftlichen Interessen der Apothekerinnen und Apotheker gewahrt bleiben, ist die Aufgabe der Apothekerverbände, wobei Ihr Verband als Regionalverband des Apothekerverbandes Nordrhein immerhin die Interessen von rund 500 Apotheken in Köln, im Rheinisch-Bergischen Kreis, im Rhein-Erftkreis, in Leverkusen und im Oberbergischen Kreis vertritt.
Das persönliche Beratungsgespräch in der Apotheke ist den Menschen eben außerordentlich wichtig
Meine Damen und Herren, Apotheken gehören in jedes Veedel und haben sich in den letzten Jahren als wesentlicher und unersetzbarer Baustein in unserem Gesundheitssystem auch zu wichtigen Ankergeschäften vor allem in periphereren Einkaufslagen entwickelt. Während sich vor allem kleine Stadtteilzentren stark ändern und vielerorts Spezialgeschäfte wie Drogeriemärkte, Schreibwarenläden und andere dem Zeitgeist zum Opfer fallen, erfreuen sich Apotheken nach wie vor großer Beliebtheit. Das persönliche Beratungsgespräch in der Apotheke ist den Menschen eben außerordentlich wichtig.
Gleichwohl stehen die Apotheken – wie andere Akteure des Gesundheitssystems auch – heute zweifellos vor sehr großen Herausforderungen. Selbst wenn man so fordernde Themen wie Digitalisierung oder Überregulierung und die damit verbundene Bürokratie gedanklich einmal ausblendet, sorgt nicht zuletzt der starke Fachkräftemangel bei fast allen Apotheken aktuell schon tagtäglich für Schwierigkeiten. Da geht es dann nicht nur um Probleme bei altersbedingten Geschäftsübergaben und entsprechend schwierigen Nachfolgeregelungen. Schon heute fällt vielen Apotheken auch der Regelbetrieb schwer, der allgegenwärtige Personalmangel macht selbst Mindestöffnungszeiten, aber vor allem auch die Besetzung der Not- und Nachtdienste zu echten Managementaufgaben der Apothekenleitungen. Hinzu kommt, dass die Aufgaben bei der Patientenberatung immer komplexer werden, u.a. weil auch die Patienten deutlich älter werden.
Das Problem der mangelhaften Verfügbarkeit von Medikamenten scheint zwar erkannt, aber es ist noch nicht behoben
Das Durchschnittsalter der Apothekerinnen und Apotheker in öffentlichen Apotheken liegt derzeit bei fast 50 Jahren, die demografischen Entwicklungen erfordern also dringendes Handeln soll unser Gesundheitsstandort nicht in Schieflage geraten.
Die schon seit Corona bekannten Störungen von Lieferketten, die aber offenbar auch heute noch andauern und immer noch zu Problemen bei der Beschaffung lebenswichtiger Medikamente führen, sind ein weiteres zentrales Thema, dass den Arbeitsalltag von Apothekerinnen und Apothekern im Jahr 2023 beherrscht. Mangelverwaltung bei vielen Medikamenten und eben nicht nur bei wenigen speziellen Präparaten für Kinder und Jugendliche, die ganz aktuell durch die Gazetten gehen, sorgen oftmals für Unverständnis bei ihren Patientinnen und Patienten.
Auch wenn nun neue gesetzliche Regelungen diese Engpässe bei Medikamenten lindern oder sogar verhindern sollen, bleibt abzuwarten, wie dies in der Realität greifen wird. Das Problem scheint zwar erkannt, aber es ist noch nicht behoben.
Natürlich ist auch weiterhin die Konkurrenz mit dem Onlinehandel ein großes Thema. Nach meiner Überzeugung geht es hier um weit mehr als Preiskonkurrenz. Es geht um die qualifizierte Beratung, es geht um eine wohnortnahe Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln und eben auch um die Kenntnis der persönlichen und gesundheitlichen Situation der Kundinnen und Kunden der Apotheken vor Ort. Arzneimittel sind und bleiben nun einmal besondere Wirtschaftsgüter mit einem hohen Beratungsbedarf und das persönliche Beratungsgespräch in Apotheken wahrnehmen zu können, bleibt einer Eckpfeiler einer optimalen Gesundheitsversorgung der Menschen bei uns im Rheinland. Insofern hoffe ich sehr, dass sich die Gesundheitspolitik den schwierigen Entwicklungen im Apothekensektor annimmt und für rasche Verbesserungen sorgt.
Auch die Kommunen sind gefordert, dazu beizutragen, dass unsere Apotheken ein möglichst attraktives wirtschaftliches Umfeld haben
Ungeachtet aller notwendigen Gesundheitsreformen sind wir als Kommunen allerdings auch gefordert, das unsere dazu beizutragen, dass unsere Apotheken auf gute lokale Geschäftsbedingungen stoßen und ein möglichst attraktives wirtschaftliches Umfeld haben. Denn nur so ist sichergestellt, dass die Apotheke vor Ort erhalten bleibt und dass sich die Menschen auch zukünftig die für sie wichtigen Medikamente und Gesundheitsleistungen vor Ort beschaffen können.
Meine Damen und Herren, unser Gesundheitswesen ist notwendigerweise im steten Wandel. Und Sie als Apothekerinnen und Apotheker sind immer mittendrin. Sachlich und mit großer Kontinuität kümmert sich der Apothekerverband Köln seit seiner offiziellen Gründung vor bald 70 Jahren um die Anliegen seiner Mitglieder. Und von einer besonderen Kontinuität kann man wahrlich sprechen, wenn man berücksichtigt, dass es in dieser Zeit erst vier Vorsitzende gegeben hat. Das spricht für eine gute Arbeit und für eine hohe Akzeptanz des Vorstands. Herzlichen Dank an Herrn Preis und sein Vorstandsteam für das besondere Engagement im Sinne der Apotheken und damit auch im Sinne der Menschen hier bei uns im Rheinland.
Ich wünsche Ihnen für das kommenden Jahr die nötige Kraft und Stärke zum Erreichen Ihrer Ziele und uns allen heute noch einen guten Austausch und spannende Unterhaltungen.
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